Mit gerade einmal 17 Jahren hat der aus der Ukraine stammende Boxer Evgenij Sukhorukov schon eine bemerkenswerte Karriere hingelegt – und das unter Bedingungen, die viele seiner Altersgenossen vor unüberwindbare Herausforderungen gestellt hätten. Als Teenager zog er vor drei Jahren aus seiner Heimatstadt Iwano-Frankiwsk nach Heilbronn und fand in Deutschland eine neue Perspektive. Nun strebt er an, auf internationaler Bühne zu boxen – für Deutschland, sein neues Zuhause.
Anfang 2022, kurz nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, bekam Evgenij Sukhorukov eine Chance, die sein Leben grundlegend verändern sollte. „Mein Trainer in der Ukraine hat mir von einem Trainingslager in Polen erzählt. Nach zwei Wochen intensiver Vorbereitung und einem erfolgreichen Wettkampf kam dann die Einladung nach Deutschland“, erzählt er in sehr gutem Deutsch. Ursprünglich dachte der damals 14-Jährige, es würde nur ein kurzer Aufenthalt werden. Doch schnell wurde klar, dass er hier die Möglichkeit hatte, sportlich voll durchzustarten. „Ich habe meine Eltern gefragt, ob es in Ordnung ist, und dann ging alles ganz schnell.“
Seine Ankunft in Heilbronn war eine Herausforderung. Neue Sprache, fremdes Umfeld, keine vertrauten Gesichter – aber „Eugen“ zeigte bereits in jungen Jahren eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit. „Ich war von klein auf daran gewöhnt, auf Trainingslager zu fahren und wochenlang von zu Hause weg zu sein. Das hat mir geholfen“, erklärt er.
Trotz der Herausforderungen begann das Talent schnell, sich im deutschen Boxsport einen Namen zu machen. Mit bislang zwei Deutschen Meistertiteln und einem Vizemeistertitel hat er bereits bewiesen, dass er das Zeug zu Großem hat. Doch für den jungen Ukrainer ist das nur der Anfang.
Sein großes Ziel: die Teilnahme an den Olympischen Spielen. „Ich will für Deutschland boxen, eine Medaille holen – nicht nur mitmachen, sondern gewinnen“, betont er entschlossen.
Um diesen Traum zu verwirklichen, muss er jedoch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten – ein Prozess, der von zahlreichen Anforderungen begleitet wird. Neben dem sportlichen Nachweis seiner Leistungsfähigkeit muss Evgenij auch sprachliche und schulische Hürden meistern. Hierbei bekommt er großartige Unterstützung, sowohl von der Wilhelm-Maybach-Schule, an der er eine duale Ausbildung absolviert, als auch von seinem Betreuer Jürgen Schungt vom Jugendamt. „Alle sind sehr hilfsbereit und flexibel, stellen mich frei, wenn Trainingslager oder Wettkämpfe anstehen. Das hilft mir enorm“, sagt der 17-Jährige dankbar.
Evgenij Sukhorukovs Tagesablauf ist geprägt von harter Arbeit und Disziplin. Er trainiert oft zweimal am Tag, kombiniert Kraft-, Ausdauer-und Technikübungen und absolviert regelmäßig Trainingslager. Eines seiner letzten Trainingslager fand in den Bergen statt, wo er gemeinsam mit Athleten aus aller Welt trainierte. „Die Luft dort oben war anfangs eine Herausforderung, aber am Ende war ich topfit“, erinnert er sich.
Sein Trainer Alexander Seel, Abteilungsleiter Boxen vom SV Heilbronn am Leinbach, lobt ihn nicht nur für seine Leistung, sondern auch für seinen Charakter. „Er ist wie ein eigener Sohn für mich. Er wohnt bei mir und meiner Familie, arbeitet hart, bleibt fokussiert und hat eine unglaubliche Einstellung.“ Diese Eigenschaften, kombiniert mit seinem Talent, machen Eugen zu einem Hoffnungsträger für den deutschen Boxsport.“
Der Weg zu den Olympischen Spielen ist lang und anspruchsvoll. Bis 2028 möchte sich der 17-Jährige nicht nur im Erwachsenenbereich etablieren, sondern auch bei internationalen Turnieren Medaillen gewinnen. Sein Trainer ist zuversichtlich: „Wenn er so weitermacht, wird er nicht nur teilnehmen, sondern auch eine Medaille holen. Wir fahren nicht zum Schwitzen – wir fahren, um zu gewinnen.“
Die deutsche Boxwelt darf gespannt sein, wohin sein Weg ihn noch führt – und ob er vielleicht schon 2028 in Los Angeles für Deutschland auf dem Treppchen stehen wird.
Bericht: Laura Auchter, Sportheilbronn Magazin, Ausgabe 35, https://sportheilbronn-magazin.de/